Lektion 135: Wenn ich mich verteidige, werde ich angegriffen
- Francine Ackermann
- 15. Mai
- 7 Min. Lesezeit
Wahre Stärke liegt nicht im Schutz, sondern in der Offenheit.
Warum sollte sich jemand verteidigen, wenn er nicht denkt, er werde wirklich angegriffen – und dass ihn nur Verteidigung retten kann? Genau hier liegt der Denkfehler: Du machst das, was gar nicht wirklich ist, zur Realität – und versuchst dann, damit umzugehen. Du stapelst eine Illusion auf die nächste. Und genau das passiert, wenn du versuchst, die Zukunft zu planen, die Vergangenheit zu wiederholen oder die Gegenwart so zu gestalten, wie du sie gern hättest.
Du glaubst, du müsstest dich schützen, weil du denkst, dass dich irgendetwas in der Welt bedroht. Dieses Gefühl von Bedrohung zeigt, dass du dich selbst als schwach siehst – als jemand, der sich verteidigen muss. Die ganze Welt basiert auf diesem verrückten Gedanken. Alles – Gesetze, Moral, Führer, Götter – scheint nur dafür gemacht, dieses Gefühl von Gefahr aufrechtzuerhalten. Aber wer mit innerer Angst lebt, fühlt sich nie sicher, selbst mit einer Rüstung.
Verteidigung ist immer mit Angst verbunden. Sie kommt aus der Angst – und sie macht sie nur noch grösser. Du glaubst, sie gibt dir Sicherheit, aber in Wahrheit sagt sie dir nur: "Die Angst ist echt, und du musst dich fürchten." Komisch, dass du nie innehältst und dich fragst: Was genau verteidige ich da eigentlich? Wogegen? Und mit welchen Mitteln?
Was willst du überhaupt verteidigen? Es muss etwas sehr Schwaches sein, das sich nicht selbst schützen kann. Etwas, das ständig deine Sorge braucht. Was könnte das anderes sein als dein Körper? Er ist so verletzlich, dass du meinst, ihn rund um die Uhr beschützen zu müssen. Aber kann so etwas wirklich ein würdiger Wohnort für den Sohn Gottes sein?
Und doch: Der Körper selbst hat keine Angst – und er ist auch nichts, wovor man sich fürchten müsste. Er braucht nichts ausser dem, was du ihm zuschreibst. Wenn du ihn schützen willst, ihn schöner oder sicherer machen willst, sagst du damit: Er ist vergänglich, zerbrechlich – und sein Wert hängt davon ab, was ich ihm gebe.
Ist das nicht ein beängstigendes Bild? Kannst du damit wirklich in Frieden sein? Wer ausser dir selbst hat dem Körper überhaupt diese ganze Bedeutung gegeben? Es ist dein Geist, der dem Körper all das zuschreibt. Aber würdest du ihn verteidigen, wenn du erkennst, was er wirklich ist – nur ein Häuflein Staub und Wasser?
Der Körper braucht keinen Schutz. Das kann man nicht oft genug sagen. Er wird dann stark und gesund sein, wenn du ihn nicht missbrauchst – wenn du ihn nicht in Rollen zwingst, die er nicht erfüllen kann. Wenn du das doch tust, bist du am Ende enttäuscht – weil dein Körper deine Erwartungen nicht erfüllt.
Das "Selbst", das du zu schützen versuchst, ist nicht echt. Der Körper ist kaum schützenswert – ausser du glaubst, dass er du bist. Wenn du ihn aber als das siehst, was er ist – ein Werkzeug für den Geist – wird er gesund und dient einfach, solange er gebraucht wird. Und wenn er nicht mehr gebraucht wird? Dann ist auch das okay.
Wenn du den Körper verteidigst, greifst du in Wahrheit deinen Geist an. Du siehst dann all die Schwächen, Mängel und Grenzen im Körper – und glaubst, dein Geist sei genauso eingeschränkt. Und so leidet der Körper – nicht, weil er schwach ist, sondern weil dein Geist sich von allem getrennt glaubt.
Solche Gedanken müssen geheilt werden. Und sobald das geschieht, wird der Körper gesund sein. Denn wahre Heilung beginnt im Geist. Doch suchst du wirklich dort nach Heilung? Oder versuchst du nur, Symptome zu behandeln? Du stärkst die Angst, wenn du den Körper verteidigst – statt Hoffnung auf echte Heilung zuzulassen.
Ein geheilter Geist plant nicht. Er wartet, hört zu und folgt einer höheren Weisheit. Er weiss: Ich muss nichts allein entscheiden. Ich bin sicher geführt. Und wenn etwas dem höheren Plan dient, wird es auch möglich sein.
Ein geheilter Geist ist frei von dem Irrglauben, er müsse selbst wissen, was am besten ist. Erst wenn er erkennt, dass er es nicht weiss, wird er wirklich frei – und kann den Körper loslassen.
Wenn der ungeheilte Geist den Körper für seine eigenen Pläne missbraucht, wird der Körper krank. Denn er wird gezwungen, Dinge zu tun, für die er gar nicht gemacht ist. Sobald er aber einfach nur dem dient, was der Geist ihm liebevoll zuweist, ist er gesund.
Es ist vielleicht schwer zu erkennen: Selbstgeplante Wege sind auch Verteidigung. Sie sollen Kontrolle geben – aber eigentlich sollen sie die Wahrheit fernhalten. Manche Abwehrmechanismen sind leicht zu erkennen, andere – wie das Planen – scheinen harmlos, sind aber auch nur ein Schutz gegen die Wahrheit.
Der planende Geist will Kontrolle. Er glaubt nicht, dass gut für ihn gesorgt wird, wenn er sich nicht selbst kümmert. Er versucht, mit alten Erfahrungen die Zukunft zu bestimmen – und übersieht die Gegenwart völlig.
Solch ein Geist lässt keine Veränderung zu. Er klammert sich an alte Erfahrungen – und vergisst, dass im Jetzt alles enthalten ist, was er wirklich braucht. Wahres Vertrauen braucht keine Vorausschau, sondern nur Offenheit für den gegenwärtigen Moment.
Abwehr ist der Versuch, die Wahrheit auszublenden. Du willst nur das sehen, was in dein Weltbild passt – und blendest alles andere aus. Doch genau das, was du nicht sehen willst, ist vielleicht das, was dich wirklich befreien würde.
Was wäre, wenn du wüsstest, dass alles, was geschieht – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – liebevoll für dich geplant ist? Vielleicht hast du diesen Plan missverstanden. Vielleicht hast du den Segen darin nicht gesehen, weil du so sehr mit Verteidigung beschäftigt warst. Doch während du dich verteidigen wolltest, wurde dir der Weg ins Leben gezeigt.
Dein jetziges Vertrauen ist die beste Verteidigung, die du haben kannst. Es bringt dir eine Zukunft voller Frieden, frei von Kummer. Dein Leben wird zu einem heiligen Moment, in dem die Wahrheit sichtbar wird – wenn du sie nicht länger versteckst.
Ohne Abwehr wirst du selbst zum Licht. Und dieses Licht zeigt dir den Weg – und anderen auch. Sie werden sich von deiner Klarheit anstecken lassen und ihre eigene Verteidigung aufgeben, weil sie merken, dass sie ihnen nie genützt hat.
Heute wollen wir uns freuen, weil dieser Moment Teil von Gottes Plan ist. Alles, was wir brauchen, wird uns gegeben. Wir planen nichts – wir empfangen. Und dann geben wir weiter, was wir empfangen haben.
Zweimal heute nehmen wir uns je fünfzehn Minuten Zeit, um auszusteigen aus all dem sinnlosen Planen und den Gedanken, die uns von der Wahrheit fernhalten. Heute geht es darum, zu empfangen statt zu kontrollieren – offen zu sein, statt alles zu organisieren. Und genau dann wird uns wirklich etwas geschenkt, wenn wir sagen:
"Wenn ich mich verteidige, werde ich angegriffen. In der Wehrlosigkeit aber werde ich stark sein, und ich werde lernen, was meine Abwehr verbirgt."
Nur das zählt. Wenn es etwas zu planen gibt, wirst du klar geführt – die nötigen Schritte werden dir gezeigt. Vielleicht sind es nicht die Pläne, die du erwartet hast, und auch nicht die "Lösungen" für die Probleme, die du bisher gesehen hast. Aber sie beantworten eine viel tiefere Frage in dir – eine, die du vielleicht noch gar nicht benennen konntest, die aber auf eine echte Antwort wartet.
All deine bisherigen Abwehrmechanismen hatten nur ein Ziel: dich davon abzuhalten, das zu empfangen, was heute für dich bereitsteht. Und wenn du im Licht und der Freude einfachen Vertrauens angekommen bist, wirst du dich vielleicht fragen: Warum dachte ich je, ich müsste mich vor meiner eigenen Befreiung schützen? Der Himmel verlangt nichts von dir. Es ist nur die Angst, die dich mit Schuld und Opfern unter Druck setzt. Aber heute gibst du nichts auf – du trittst einfach so vor deinen Schöpfer, wie du wirklich bist: offen, ehrlich, bereit.
Gott hat dich nie vergessen. Heute erinnerst auch du dich wieder an ihn. Es ist deine persönliche Osterzeit – ein Moment der inneren Auferstehung. Du erhebst dich aus dem, was wie Hoffnungslosigkeit und Stillstand aussah. Jetzt ist die Hoffnung neu in dir geboren, weil du ohne Verteidigung kommst – bereit, deine wahre Rolle in seinem Plan anzunehmen. Was könnten deine kleinen Ideen oder alten Überzeugungen dir jetzt noch bieten, wenn du deine Aufgabe direkt aus der Stimme Gottes empfangen hast?
Versuche heute nicht, selbst zu entscheiden, was dir nützt. Du kannst das Glück, das ohne deine Planung auf dich wartet, gar nicht erfassen. Heute geht es ums Lernen – ums Erinnern.Und während du diesen Schritt machst, bewegt sich auch die Welt mit dir. Wenn tagsüber kleine Dinge auftauchen, die dich stressen oder dich in alte Muster von Kontrolle und Verteidigung locken wollen – dann erinnere dich:
Dies ist meine Osterzeit. Und ich will sie heilig halten. Ich werde mich nicht verteidigen, denn der Sohn Gottes braucht keinen Schutz vor der Wahrheit seiner Wirklichkeit.
Quintessenz
Wenn du dich verteidigst, gehst du davon aus, dass Gefahr real ist – und gibst ihr damit Macht über dich. Diese Haltung verstärkt Angst und trennt dich von der Gegenwart. Dein Körper braucht keinen Schutz, sondern deinen klaren, offenen Geist. Planung, Kontrolle und Selbstschutz entspringen der Angst – Vertrauen dagegen ist der Weg zur Heilung und inneren Führung. In Wehrlosigkeit liegt Frieden, Kraft und wahre Verbindung mit dem Leben.
Diese Fragen laden dich ein, den Automatismus von Abwehr und Kontrolle zu hinterfragen. Was wäre, wenn dein Leben dich trägt – auch (oder gerade) ohne deinen Widerstand? Stell dir diese Fragen nicht, um Antworten zu finden – sondern um Raum für neue Möglichkeiten zu öffnen.
Was versuche ich zu verhindern, indem ich mich verteidige?
Welche Realität würde sich zeigen, wenn ich nichts mehr planen oder kontrollieren müsste?
Wem oder was vertraue ich mehr – meiner Angst oder meinem Bewusstsein?
Was ist möglich jenseits von Schutz, Rüstung und Rechtfertigung?
Was wäre, wenn mein Körper gar keinen Schutz braucht – sondern einfach mein Einverständnis?
https://lektionen.acim.org/de Hier findest du die offizielle deutsche Seite zum Kurs

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